Die Zusammenarbeit mit einem einzigen Lieferanten war in der Vergangenheit für viele Unternehmen bequeme Gewohnheit. Die vertrauensvolle, gefestigte Beziehung, verbunden mit kontinuierlichen Abnahmemengen ermöglichte Einkaufsvorteile, routinierte und aufwandsarme Bestellabläufe, eine gute Kommunikation – man kennt sich ja –, einhergehend mit einem vermeintlich geringen Risiko für Bestellfehler. Die betriebswirtschaftlichen Ziele der Einkäufer, `Bestände möglichst gering zu halten, (Lager-)Kosten einzusparen und effizient zu wirtschaften´ schienen damit erreicht.
Doch was ist, wenn der Lieferant plötzlich ausfällt?
Die letzten Jahre haben uns auf vielfältige Weise gezeigt, wie fatal eine eingleisige Beschaffungsstrategie für Unternehmen werden kann. Wenn Ereignisse bisher unvorstellbaren Ausmaßes plötzlich Realität werden, führt dies umgehend zu Lieferengpässen, Produktionsstopps, Chaos und im Ergebnis zu Gewinneinbußen bis hin zur Insolvenz. War das Risikomanagement von Unternehmen bislang darauf fokussiert, sich auf die Zuverlässigkeit der vertrauten Lieferanten zu verlassen, gewinnt nun zwangsläufig eine neue, vorausschauende und nachhaltigere Beschaffungsstrategie an Bedeutung: Das Multi-Sourcing.
Mit Multi-Sourcing Abhängigkeiten reduzieren und Sicherheit schaffen
Blockierte Transportrouten, geschlossene Produktionsstandorte, mangelnde Verfügbarkeit von Containern, Handelsstreit: Dies sind nur ein paar der zahlreichen Schlagworte, die untermauern, dass Unternehmen ihre Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten reduzieren und ihre Beschaffung multidimensional neudenken müssen. Das bedeutet, dass der Fokus in der Beschaffung nicht mehr ausschließlich auf Einsparpotenziale gelegt werden darf, sondern auch auf Aspekte, die langfristig in die Resilienz der Lieferketten einzahlen. Dies gelingt unter anderem durch die Zusammenarbeit mit mehreren Lieferanten (Multi-Sourcing). Die Herausforderung besteht dabei zum einen in der zunehmenden organisatorischen Komplexität und zum anderen darin, trotz Lieferantenzuwachs Kooperationen weiterhin vertrauensvoll und partnerschaftlich zu gestalten.
Multi-Sourcing – eine Mammutaufgabe?
Zugegebenermaßen erscheint, insbesondere vor dem Hintergrund des vorherrschenden Fachkräftemangels, das Einbeziehen und Managen mehrerer Lieferanten als Mammutaufgabe: Unterschiedliche Vertragskonditionen, tausende Artikel mit Bestellmengen, variierende Wiederbeschaffungszeiten, regionale und überregionale Schließzeiten, Bestellkalender, Lieferzeitscheiben, Mindestlosgrößen, Staffelpreise, Sonderkonditionen, Preisänderungen etc.. Dennoch lohnt es sich, sich dieser Aufgabe zu stellen, denn das Ziel von Multi-Sourcing ist letztlich eine agile und resiliente Lieferkette, die schnell in der Lage ist, sich veränderten Bedingungen anzupassen. Mathematik hilft, derart komplexe Netzwerke beherrschbar zu machen.
Mathematik als Hilfsmittel zur Umsetzung von Multi-Sourcing-Strategien
Softwarelösungen, wie beispielsweise die intelligente Planungssoftware ADD*ONE, nutzen die Möglichkeiten der Mathematik. Sie können Disponenten in ihrer täglichen Arbeit erheblich entlasten und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Lieferanten deutlich optimieren. Sie machen es möglich, mithilfe von mathematischen Prognose- und Optimierungsalgorithmen Entwicklungen besser abzuschätzen und geben frühzeitig strategische Handlungsempfehlungen. Bereits optimierte Beschaffungsstrategien, mit einem Horizont von 12 bis 24 Monaten, lassen sich mit Lieferanten teilen, sodass diese sich wiederum frühzeitig darauf einstellen und entsprechend planen können – ein wichtiger Aspekt für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Bestätigt ein Lieferant einen Termin nicht, weist das System darauf hin und schlägt auf Wunsch einen Alternativlieferanten vor.
Digitale Unterstützung bei der Lieferantenauswahl
Bei der Lieferantenauswahl können durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz neben dem günstigsten Preis zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden, beispielsweise Informationen über die Zuverlässigkeit eines Lieferanten. Dazu werden Machine-Learning-Algorithmen eingesetzt, die unter Berücksichtigung äußerer Einflussfaktoren und dem Verhalten des Lieferanten in der Vergangenheit Rückschlüsse auf dessen zukünftige Lieferperformance erlauben. Der Disponent kann auf diese Weise schnell erfassen, welche Optionen er im Falle eines Lieferverzugs hat und entscheiden, ob die verspätete Lieferung noch verkraftet werden kann, storniert werden sollte oder ob sich eine Ersatzbeschaffung bei einem teureren, aber dafür schnelleren Lieferanten lohnt.
Aber auch Daten über Störungen auf Transportstrecken lassen sich mithilfe von Tracking problemlos in das System einspeisen und nutzen. So bietet die Software nicht nur eine Übersicht über Fehl- und Überbestände, sondern weist auch auf Transitbestände und drohende Engpässe hin. Des Weiteren können kalendarische Informationen, wie regionale Schließzeiten (z. B. Chinese New Year oder ausgedehnte Sommerferien in Spanien, Frankreich und Italien) mithilfe des Systems in die Planung implementiert werden. Aber auch die Beschaffung innerhalb des eigenen Unternehmens wird zu einem denkbaren Szenario, da die Software die verschiedenen Standorte vernetzen und die Verfügbarkeiten von Waren in anderen Werken auswerten kann.
Multi-Sourcing: Eine Win-Win-Situation für Planung und Nachhaltigkeit
Zusätzlich können Faktoren, die zum Umweltschutz beitragen, bei der Lieferantenauswahl berücksichtigt werden. So können Informationen über die Transportrouten und Transportmittel (Containerschiff vs. Güterverkehr) wertvolle Hinweise über die möglichen CO2-Emissionen liefern und dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Beschaffungsstrategie dementsprechend umweltfreundlicher ausrichten können.
Die Gründe für eine Multi-Sourcing-Strategie gehen jedoch noch weit darüber hinaus. Die globalen Lieferketten, in denen sich insbesondere auch deutsche Unternehmen bewegen, erweitern zwangsläufig auch deren Verantwortungsradius. Indem Unternehmen in großem Maße Rohstoffe, Vorprodukte und Fertigwaren aus dem oft günstigeren Ausland beziehen, wächst auch die Verantwortung für diejenigen, die am Anfang jeder Lieferkette stehen – die Menschen, die dort arbeiten. Diese Verantwortung wird seit 2023 durch das im Januar in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz geregelt. Es fordert Unternehmen auf, dafür Sorge zu tragen, dass in ihren Lieferketten die Menschenrechte eingehalten werden, und verpflichtet sie gleichermaßen zur Kontrolle von Arbeits-, Sozial- und Umweltschutzstandards. Die Zusammenarbeit mit Lieferanten, die diese Kriterien nicht erfüllen, kann mithilfe intelligenter Softwarelösungen schnell beendet werden, ohne dem eigenen Unternehmen zu schaden.
Multi-Sourcing: Eine gemeinsame Aufgabe zum nachhaltigen Erfolg
Multi-Sourcing bedeutet im Ergebnis, die Zusammenarbeit mit Lieferanten neu zu gestalten. Dabei gilt es, innerhalb der Unternehmen den Fokus weg von rein monetären Zielen auf Ziele zu lenken, die die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten nachhaltig stärken. Dementsprechend müssen in den Firmen Anreizsysteme geschaffen werden, die Einkäufer auch daran messen, welchen Beitrag ihre Beschaffungsstrategien zur Steigerung der Resilienz leisten. Intelligente Softwarelösungen wie ADD*ONE sind hier das Mittel der Wahl, um Transparenz zu schaffen und die einfache Umsetzung von Multi-Sourcing zu ermöglichen. So wird Wissen über die Unternehmensgrenzen hinweg zugänglich gemacht, effizient gebündelt, automatisiert ausgewertet und mit den Lieferanten partnerschaftlich für die Planung der Prozesse im Supply-Chain-Management genutzt. Im Netzwerk lassen sich auf diese Weise auch in volatilen Zeiten strategische Ziele erreichen: Resilienz, zufriedene Kunden, mehr Nachhaltigkeit und im Ergebnis ein effizientes und erfolgreiches Business.
Sie möchten die Resilienz und somit auch die Sicherheit in Ihren Lieferketten stärken? Auf der Seite „Resiliente Lieferketten“ finden Sie Informationen, wie intelligente Software Sie unterstützt, um mit den Folgen gestörter Lieferketten besser umzugehen.
Welche Rolle spielt das Thema Multi-Sourcing in Ihrer Supply-Chain-Planung?