21.02.2025 Andreas Fuhrich
Share“The engine might compose elaborate and scientific pieces of music of any degree of complexity or extent.”
Dieses Zitat von 1843 stammt aus den Anmerkungen zu einer Maschine, die nie gebaut wurde. Unbedeutend ist es dennoch nicht.
Durch die Baupläne der Maschine, der Analytical Engine, wissen wir heute, dass sie nicht nur funktioniert, sondern auch mehr Möglichkeiten geboten hätte als der fast hundert Jahre später (1937) entwickelte Zuse Z1. Doch dem Erfinder der Analytical Engine, Charles Babbage, fehlte das Kapital und seiner Zeit die notwendigen feinmotorischen Teile.
Die Autorin des eingangs erwähnten Zitats war Ada Lovelace. An anderer Stelle ihrer Anmerkungen beschrieb sie, wie sich mithilfe der Analytical Engine die Bernoulli-Zahlen berechnen ließen. Eine Beschreibung, die heute als der erste Computercode der Welt gilt und Lovelace zur ersten Programmiererin macht.
„The engine might compose …“ Eine generative Maschine, vor über 180 Jahren vorausgeahnt, vor etwas mehr als zwei Jahren als ChatGPT einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Seither stehen wir an der Schwelle zu einer neuen Ära der Mensch-Maschine-Interaktion. Denn Anwendungen wie ChatGPT sind nicht nur in der Lage Content zu erschaffen, sie verstehen auch die natürlichste Form der menschlichen Kommunikation – unsere Sprache.
Die Bedienung komplexer Software mit verschachtelten Menüs und versteckten Funktionen wird so zukünftig zum Kinderspiel. Ein einfacher natürlicher Sprachbefehl genügt und jede Suche durch unübersichtliche Dropdown-Menüs hat ein Ende.
Was sind Co-Piloten und wie unterscheiden sie sich von klassischen Chatbots?
Während klassische Chatbots in der Regel auf vordefinierte Skripte und begrenzte Anwendungsfälle beschränkt sind und gerade bei einem natürlichen Gebrauch der Sprache schnell an ihre Grenzen stoßen, können Co-Piloten flexibel auf eine Vielzahl von Anfragen reagieren.
Die technologische Grundlage bilden Transformer-Modelle und Large Language Models (LLM). Diese Modelle werden auf riesigen Textmengen trainiert und lernen so, die Struktur und Bedeutung von Sprache zu erfassen. Durch Techniken wie Retrieval-Augmentation können Co-Piloten auf zusätzliches Wissen, beispielsweise aus Dokumenten oder Datenbanken, zugreifen und dieses in ihre Antworten integrieren.
Über Application Programming Interfaces (API) können sie zudem mit anderen Anwendungen und Diensten kommunizieren, um Aufgaben auszuführen. So kann ein Co-Pilot in einem CRM-System beispielsweise auf Anfrage automatisch eine E-Mail an einen Kunden senden oder einen Termin im Kalender eintragen.
Der Nutzen von Co-Piloten für die Softwarebedienung
Die Vorteile von Co-Piloten in der Softwarebedienung sind vielfältig:
- Erhöhte Nutzerfreundlichkeit: Die Interaktion mit Software wird intuitiver und natürlicher. Insbesondere neue Nutzer finden sich schneller zurecht, da sie keine komplexen Menüstrukturen erlernen müssen. Zudem kann die Sprachsteuerung auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen den Zugang zu Software erleichtern.
- Verbesserte Datenanalyse: Co-Piloten ermöglichen einen schnellen und einfachen Zugriff auf Daten und deren Visualisierung. Nutzer können komplexe Abfragen in natürlicher Sprache formulieren und erhalten sofort verständliche Ergebnisse.
- Kontextbezogene Unterstützung: Co-Piloten können den Kontext einer Aufgabe verstehen und proaktiv Hilfestellungen anbieten.
Co-Piloten: Anwendungsmöglichkeiten
Die Integration von KI-gestützten Co-Piloten markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der digitalen Transformation von Unternehmen. Die intelligenten Assistenten werden die Benutzererfahrung mit verschiedenen Anwendungen grundlegend verbessern und Mitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen. Sie kombinieren fortschrittliche Technologien wie maschinelles Lernen, natürliche Sprachverarbeitung und Datenanalyse, um komplexe Aufgaben zu bewältigen und Entscheidungsprozesse zu optimieren.
Hier sind einige Szenarien aus verschiedenen Anwendungsfeldern:
- Betrugsbekämpfung: Co-Piloten könnten Analysten bei der Untersuchung verdächtiger Transaktionen unterstützen. Ein Analyst könnte den Co-Pilot beispielsweise fragen: „Welche Transaktionen in den letzten 24 Stunden weisen ein ähnliches Muster auf wie die verdächtige Transaktion X?“ Der Co-Pilot würde die Datenbank durchsuchen, relevante Transaktionen identifizieren und die Ergebnisse übersichtlich darstellen.
- Logistik: In der Logistik könnten Co-Piloten bei der Optimierung von Lieferketten helfen, indem sie beispielsweise auf Kommando Routen planen, Lagerbestände überwachen und Engpässe vorhersagen.
- Workforce Management: Im Bereich der Personalplanung könnten Co-Piloten bei Krankheitsfällen Vorschläge für Ersatzplanungen machen und dabei Arbeitszeitregeln berücksichtigen.
- Luftfahrt: In der Luftfahrtbranche könnte ein Co-Pilot basierend auf der Analyse von Echtzeitdaten alle relevanten Stakeholder über eine Verspätung informieren.
Herausforderungen und Grenzen der Co-Piloten
Natürlich gibt es einige Herausforderungen zu bewältigen, ehe Co-Piloten die Geschäftswelt im Sturm erobern. Eine der größten ist die Neigung von LLMs insbesondere bei einer ungenügenden Datengrundlage falsche oder irreführende Informationen, sogenannte Halluzinationen, zu generieren. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Performanz: Die Verarbeitung natürlicher Sprache und die Ausführung komplexer Aufgaben erfordern eine erhebliche Rechenleistung. Die Gewährleistung einer schnellen und reaktionsschnellen Benutzererfahrung trotz großer Datenmengen und komplexer Modelle ist eine technische Herausforderung, die es zu meistern gilt.
Trotz der vielen Möglichkeiten, die Co-Piloten bieten, werden Computer auch mit deren Hilfe immer nur ein Werkzeug bleiben, um Entscheidungen zu unterstützen und die Effizienz zu steigern, doch sie werden nie in der Lage sein, menschliche Fähigkeiten zu ersetzen. Denn auch wenn Computer grundsätzlich das Potenzial besitzen, etwas zu verfassen (to compose), so gilt nach wie vor eine Einschränkung, die Ada Lovelace auch schon an Babbages Maschine erkannte:
The Analytical Engine has no pretensions whatever to originate anything. It can do whatever we know how to order it to perform.
ÜBER UNSERE EXPERT:INNEN
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Andreas Fuhrich
Andreas Fuhrich ist freier Redakteur und Co-Autor verschiedener Fachbücher zur Digitalisierung. Zu seinen Schwerpunktthemen gehören die Megatrends unserer Zeit wie Future of Work, Mobilität der Zukunft und künstliche Intelligenz.