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Kapazitätsplanung – Effizienz statt Hektik in der Produktion

29.06.2017 // Stipo Nad

Viele meiner Blogbeiträge haben bereits gezeigt: Planungsprozesse im Maschinen- und Anlagenbau sind sehr komplex und erfordern eine besonders anspruchsvolle Planung. Eine hohe Variantenvielfalt mit Losgröße 1 sorgt für sehr kundenspezifische Fertigungsprozesse, während immer kürzere Lieferzeiten erwartet werden. Bei einer meist sehr großen Anzahl aktiver Aufträge mit verschiedenen Laufzeiten ist es daher oft enorm schwierig, den notwendigen Überblick in der Fertigung zu behalten. Gerade bei langfristigen Fertigungsaufträgen ist das leidige Ergebnis dieser fehlenden Transparenz dann eine abnehmende Termintreue.

Denn kommt ein dringender Auftrag in die Produktion, wird die Planung oft komplett umgeworfen. Hektik bricht in der Fertigungshalle aus und auch das Planerbüro gerät ins Schwitzen, denn die Reihenfolge der Aufträge muss erneut geplant werden. Der Terminjäger begibt sich also auf seinen Weg durch die Produktion und versucht in kürzester Zeit, die hoch priorisierten Aufträge umzusetzen. Das Problem: Andere Aufträge bleiben vorerst liegen und deren Bearbeitung ist dann am nächsten Tag fällig, on top natürlich.

Planung mit begrenzten oder unbegrenzten Kapazitäten?

Um kurzfristige Änderungen in der Planung vorzubeugen, muss dynamisch geplant werden. Wichtig ist hierbei, dass sowohl die maschinellen als auch personellen Kapazitäten richtig eingesetzt werden. Gegenstand der Kapazitätsplanung ist die Gegenüberstellung des aus der Durchlaufterminierung resultierenden Kapazitätsbedarfs mit dem tatsächlichen Kapazitätsangebot. Traditionelle ERP- oder Produktionsplanungssysteme arbeiten aber meist nicht mit begrenzten Kapazitäten, was im Maschinen- und Anlagenbau jedoch unbedingt notwendig ist, denn dies ist schlichtweg Realität. Also sollten durch eine intelligente Reihenfolgeplanung Arbeitsgänge so auf die real vorhandenen Maschinen- und Mitarbeiterkapazitäten verteilt werden, dass die Liefertreue des Gesamtsystems Produktion - und nicht nur eines einzelnen Auftrags - maximiert und das Umlaufvermögen gleichzeitig minimiert wird.

Dabei dürfen kurzfristige Änderungen aufgrund von dringenden Aufträgen nicht nur in die Planung eingeschoben werden, sondern deren Auswirkungen auf andere Aufträge müssen direkt sichtbar sein. Eine vorausschauende Planung macht kurzfristige Eingriffe in die Fertigungsplanung überflüssig. Knappe Kapazitäten in jeglicher Form werden auf einen Blick sichtbar.

Verabschieden Sie sich von Rückständen

Es ist also wichtig, dass ein geeignetes Produktionsplanungsinstrument mit begrenzten Kapazitäten plant. Eine manuelle Planung aus dem Bauch heraus - wie sie bei vielen deutschen Maschinen- und Anlagenbauern noch tagtäglich genutzt wird - ist keine Option mehr für die Erreichung einer zufriedenstellenden Planung. Um eine sogenannte marktsynchrone Produktion zu etablieren, bei der die Fertigung ohne Rückstände geplant wird, muss das Auftragsnetz einer Kundenbestellung so synchronisiert und koordiniert werden, dass alle Termine problemlos eingehalten werden können. Dabei ist immer das "Gesamtsystem Fertigung" zu betrachten, dessen Effizienz als Ganzes gesteigert werden soll. Einzelne Auslieferungen sind bei dieser Planung erstmal nicht vorrangig, sondern gänzlich die Reduktion von Rückstand und die Erhöhung von Durchsatz in der Fertigung.

"Was-Wäre-Wenn"-Analysen in der Produktionsplanung

Nicht nur für eine pünktliche und marktsynchrone, sondern auch für eine schlanke Produktion muss die Planung realitätsnah und umfassend sein. Nur durch die Berücksichtigung der real vorhandenen Kapazitäten im Rahmen eines ganzheitlichen Produktionssystems kann eine Ressourcenverschwendung weitestgehend vermieden werden. Auch Simulationen mit diesen begrenzten Ressourcen bieten hier eine realistische Einschätzung über die Machbarkeit bestimmter Aufträge. Neu eingehende Kundenaufträge und deren Auswirkung auf bestehende Aufträge können direkt bewertet werden. Außerdem sind bei unvorhersehbaren Störungen, Maschinenausfällen oder Krankheitsfällen die Folgen von Planungsentscheidungen einschätzbar.

Fazit

Eine Planung gegen unbegrenzte Kapazitäten macht im Maschinen- und Anlagenbau aufgrund der hohen Planungskomplexität wenig Sinn. Rückstände und hohe Durchlaufzeiten können nur reduziert werden, wenn die Kapazitätsplanung entsprechend real vorhandene Ressourcen berücksichtigt. Dann steigt auch die Termintreue aller Kundenaufträge.

ÜBER UNSERE EXPERT:INNEN

Stipo Nad

Stipo Nad

Head of Business Development Produktion

Stipo Nad ist seit 2001 bei INFORM tätig und beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themenschwerpunkten Advanced Planning & Scheduling sowie Produktionsplanung im Maschinen- und Anlagenbau und anderen Einzel- und Kleinserienfertigern.