Herausforderungen der Einzel- & Kleinserienfertigung - Eine Herzensangelegenheit
06.07.2015 // Stipo Nad
ShareEs sind alle Teile da, die Montage kann losgehen! Das ist im Maschinen- und Anlagenbau leichter gesagt als getan. Denn hier sind sehr komplexe und stark variierende Produktionsprozesse mit ebenso komplexen Planungsanforderungen üblich. Deshalb lassen die Einzel- und Kleinserienfertiger - oft traditionelle Firmen mit hohem Qualitätsanspruch - auch nicht gerne am "Herzen der Firma" herumexperimentieren. Hiermit ist der Produktionsprozess gemeint, der häufig noch durch intelligente Planungskonzepte verbessert werden kann. Diese Planungssysteme sind quasi das Fitnessprogramm, das den Körper so leistungsfähig macht, dass am Herzen keine Rhythmusstörungen mehr auftreten können. Denn die komplexen Planungsprozesse verlangen dem Herz viel ab: oft kann es zu Terminüberschreitungen, Liefer-, Mitarbeiter- oder Maschinenausfällen kommen. Deshalb kann optimierende und entscheidungsintelligente Software helfen. Gewissermaßen agiert sie als Personal Trainer, bringt den Kreislauf und somit auch das Herz in Schwung. Die Software plant, steuert und optimiert intelligent - schnellere Entscheidungen können getroffen und mit Weitsicht geplant werden.
Zu viele Auftragsanpassungen können das Herz belasten
Die Umsetzung der Kundenaufträge erfordert in der Einzel- und Kleinserienfertigung von der Fertigung bis hin zur Beschaffung unzählige Einzelteile und Komponenten. Das ist für sich allein schon eine große Herausforderung. Hinzu kommt, dass deren Umfang, Terminierung und Verfügbarkeit sich im Laufe der Zeit verändern. An vielen Stellen der Fertigung kann es so zu unsicherem Wissen der Mitarbeiter sowie mangelnder Datenqualität führen. Diese Komplexität kundenspezifischer Aufträge kann einen Rückstand in der Fertigung, wenig Transparenz, hohe Durchlaufzeiten und niedrige Teileverfügbarkeiten bedeuten - der Albtraum eines jeden Maschinenbauers. Doch herkömmliche Planungssysteme können die Produktionsprozesse meist nicht genau genug und vollständig abbilden. Beispielsweise rechnen sie mit unbegrenzten Kapazitäten, obwohl die maschinellen und personellen Ressourcen nicht unbegrenzt sind und so ein wichtiger Planungsfaktor nicht berücksichtigt wird. Erschwerend hinzu kommt oft, dass häufige Änderungen in den Aufträgen durch den Kunden flexible Reaktionen in der Fertigung erfordern.
Überhöhte Belastung durch künstliche Bypässe wie Excel-Tabellen oder dezentrale Methoden ist oft Folge einer schlechten Planung verbunden mit hohem Aufwand. Mit zunehmender Komplexität sollte man versuchen diese Bypässe zu verhindern, da die Herausforderungen an den Planungsprozess sonst nicht mehr optimal zu bewältigen sind. Entscheidungsintelligente Software hingegen passt sich mit ihrem "Fitnessprogramm" den Anforderungen der Einzel- und Kleinserienfertiger individuell an, um den Fertigungsprozess durch diese angepassten Verbesserungsmöglichkeiten noch belastbarer zu machen. Die Idealvorstellung ist, die komplexen Auftragsnetze so zu überwachen und zu steuern, dass Termintreue bei minimalen Kosten und Beständen erreicht wird.
Der Werkstoff "Software" bekommt eine neue Bedeutung
Die Zukunft macht an dieser Stelle nicht halt! In Zeiten der Industrie 4.0 wachsen die Herausforderungen und Ansprüche. Industrielle Innovationen wie zum Beispiel 3D-Drucker oder Smart Factory zwingen Unternehmen nämlich, noch schneller zu reagieren, um internationale Wettbewerbsvorteile zu verteidigen. Doch ERP-Systeme können diese Herausforderungen oft noch nicht bestmöglich annehmen. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts IAO halten diese Systeme noch an einem zu versteiften, zentralen Planungsansatz fest, um Produktionsprozesse zu steuern, ohne die eigentlichen Bedingungen in der Fertigung zu berücksichtigen. Der Lichtblick: Sie können häufig einfach durch modernere Optimierungssoftware ergänzt werden.
Ein neues Fitnessprogramm hat nicht nur positive Effekte für das Herz, sondern auch andere Bereiche des Körpers werden positiv beeinflusst. Auch intelligente Optimierungssoftware ist nachgewiesenermaßen für bereichsübergreifende Erfolge verantwortlich. So können anhand der in ERP-Systemen vorhandenen Daten zum Beispiel die Bedarfe vorgelagerter Bereiche der Fertigung wie Einkauf und Beschaffung, Konstruktion oder Transportlogistik ermittelt und synchronisiert werden.
Außerdem sind die für die Fertigung verantwortlichen Personen gefordert, um moderne Technologien in den Produktionsprozess integrieren und eine marktsynchrone Produktion umsetzen zu können. In Zeiten von innovativer Kommunikation und Technologien werden Automatisierung und selbststeuernde Prozesse für Arbeitskräfte immer selbstverständlicher und bedeuten nicht zwangsläufig eine Abwertung von Kompetenzen. Vielmehr werden die Mitarbeiter zu einem integrierten Bestandteil eines Gesamtsystems, ihre Zuständigkeiten und Handlungsspielräume verschieben sich. So können personelle Fähigkeiten mit Hilfe technischer Unterstützung erweitert werden und Mitarbeiter bedienen die Maschinen nicht ausschließlich, sondern regulieren und steuern zunehmend. Eine besondere Bedeutung hat hier die Fähigkeit der Mitarbeiter, Signale der Veränderung wahrzunehmen, zu interpretieren und auftretende Probleme zu analysieren und dafür neue Lösungen zu erarbeiten.
Fazit
Zu bewältigen sind die Herausforderungen der Einzel- und Kleinserienfertigung meist nur optimal durch neue Planungskonzepte auf Basis der ERP-Systeme. Mit spezialisierten Add-on-Systemen für die Produktionsplanung können dann Materialien, Teile und Komponenten bedarfs- und termingerecht beschafft werden. Außerdem ermöglicht Optimierungssoftware die frühzeitige Erkennung und Echtzeitverarbeitung von Störungen - etwa weil Ressourcen ausfallen, Mitarbeiter krank werden oder, im positiven Fall, neue Aufträge hereinkommen. Das System errechnet dann einen neuen, optimalen Plan in kürzester Zeit. Daher sollten sich auch traditionsreiche Firmen trotz anfänglicher Skepsis darauf einlassen, ihre Produktionsprozesse zu modernisieren. Denn die Vorteile sind unverkennbar: Hohe Transparenz, niedrigere Bestände, kürzere Durchlaufzeiten und vor allem die massiv entschärfte Fehlteilproblematik in den Montagen sowie die damit verbunden steigende Termintreue. Im Maschinenbau finden schon seit geraumer Zeit verschiedene Systeme Anwendung, die die Produktionssteuerung optimieren und die bestehenden Probleme lösen. Entscheidungsintelligente Optimierungssoftware ermöglicht es, flexibel auf Risikofaktoren wie unvorhersehbare Ausfälle oder Kundenverschiebungen im Planungsprozess zu reagieren. So trägt sie dazu bei, dass die Nerven der Fertigungsplaner geschont werden und der Blutdruck unten bleibt, indem sie diese Faktoren in die Planung miteinbezieht. Und sowieso: Fitness ist die beste Medizin!
ÜBER UNSERE EXPERT:INNEN
Stipo Nad
Head of Business Development Produktion
Stipo Nad ist seit 2001 bei INFORM tätig und beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themenschwerpunkten Advanced Planning & Scheduling sowie Produktionsplanung im Maschinen- und Anlagenbau und anderen Einzel- und Kleinserienfertigern.